Arzthaftungsrecht
Sofern ein Arzt schuldhaft seine ärztlichen Pflichten verletzt, haftet er für den zurechenbaren Schaden
-- entweder aufgrund eines Behandlungsvertrags oder deliktischer Haftung.
Ein spezielles "Arzthaftungsrecht" gibt es nicht, sondern es kommen die im Bürgerlichen Gesetzbuch (kurz: BGB)
festgelegten und allgemein gültigen Anspruchsgrundlagen zum Tragen; konkretisiert wird die Arzthaftung
allerdings durch eine umfangreiche Rechtsprechung ("Richterrecht"); deren Kenntnis ist im Falle eines
Arzthaftungsprozesses unerlässlich, da es z.B. prozessuale Erleichterungen in Bezug auf die Beibringung
von Beweismitteln gibt.
Im Vorfeld eines Arzthaftungsprozesses ist genau zu prüfen und zu unterscheiden, in welchem Rahmen die
Behandlung stattgefunden hat -- ambulant oder stationär -- und in welcher Funktion der behandelnde Arzt
tätig wurde (niedergelassener Arzt, Bereitschaftsarzt, "D-Arzt", Chefarzt, Notarzt etc.), oder ob der
Fehler von Hilfskräften begangen wurde ("Gehilfenhaftung"); der eigentliche Notarzt
- der vom Bereitschaftsarzt, welcher teilweise ebenfalls als "Notarzt" bezeichnet wird, zu unterscheiden
ist - haftet beispielsweise nicht selbst, sondern es kommt die Amtshaftung zum Tragen. Bei einer stationären
Behandlung wird im Regelfall ein sogenannter "totaler Krankenhausvertrag" geschlossen, wodurch zunächst nur
der Krankenhausträger Vertragspartner wird; bei einem Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag tritt noch
der unterzeichnende Arzt als weiterer Vertragspartner hinzu. Vom totalen Krankenhausvertrag ist aber der
"gespaltene Arzt-Krankenhaus-Vertrag", zu unterscheiden, der häufig in Form des Belegarztvertrages abgeschlossen
wird -- je nach Konstellation ist die Haftung unterschiedlich und damit die Person oder Institution, gegen die man
Schadensersatzansprüche geltend machen kann.
 
Die Pflichten eines Arztes sind umfangreich und damit auch die denkbaren Pflichtverletzungen bei deren
Nichtbeachtung oder Vernachlässigung:
Ein Behandlungsfehler liegt grundsätzlich bei Unterschreiten des im Zeitpunkt der Behandlung gültigen
medizinischen Qualitätsstandards vor. Ein Therapiefehler, der zu den Behandlungsfehlern zählt, liegt vor,
wenn eine Therapie überhaupt nicht indiziert war bzw. eine andere Therapie notwendig gewesen wäre.
Ebenso stellt unzureichende Nachsorge einen Behandlungsfehler dar. Diagnoseirrtümer -- die von klaren
Fehldiagnosen zu unterscheiden sind -- werden von der Rechtsprechung nur zurückhaltend als Behandlungsfehler
gewertet. Die Fehldiagnose wird aber dann von der Rechtssprechung als Behandlungsfehler eingestuft,
wenn eine erforderliche Überprüfung nicht vorgenommen wird und notwendige Kontrollbefunde nicht
erhoben werden. Werden zwingend gebotene Befunde nicht erhoben, kann dies zu Beweiserleichterungen bis hin
zur Umkehr der Beweislast führen, da sich der Geschädigte bzw. Patient aufgrund der fehlenden Befunde
in einer ungünstigeren Beweissituation befindet (Stichwort: "Beweisvereitelung").
Zur Vermeidung von Aufklärungsfehlern muss der Patient über die aufklärungsbedürftigen
Risiken zutreffend, vollständig und rechtzeitig aufgeklärt werden, soweit dies im konkreten Fall möglich ist.
Insbesondere dürfen Risiken nicht erheblich heruntergespielt oder die Erfolgsaussichten einer Operation
übertrieben günstig dargestellt werden.
Dokumentationsfehler haben hauptsächlich beweisrechtliche Folgen (Beweiserleichterung bzw.
Beweislastumkehr). Sie können aber auch bei der Frage der Verjährung etwaiger Schadenersatzansprüche
eine wichtige Rolle spielen, da diese ab Kenntnis des Patienten von einem möglichen Behandlungsfehler zu laufen
beginnt.
Eine Verletzung der Auskunftspflicht - die in engem Zusammenhang mit der Dokumentationspflicht steht -
kann gegeben sein, wenn z.B. das elementare Recht des Patienten auf Einsicht in die Krankenunterlagen verletzt
wird, oder wenn weitere Krankheiten, die bei Gelegenheit der Untersuchung festgestellt werden (Zufallsbefunde),
nicht mitgeteilt werden.